Siebtes Treffen des Berliner Arbeitskreises Junge Aegyptologie (BAJA 7)

Ein Beitrag von Simone Gerhards.

Am Wochenende vom 2. bis 4. Dezember 2016 fand an der Humboldt-Universität zu Berlin das 7. Treffen des Berliner Arbeitskreises Junge Aegyptologie (BAJA) statt, der sich in diesem Jahr mit dem Themenkreis "Funktion/en: Materielle Kultur – Sprache – Religion" auseinandersetzte. Das Treffen des Berliner Arbeitskreises ist ein beliebter Rahmen für fachlichen Austausch, Informations- und Kontaktaufnahme und mittlerweile für Nachwuchswissenschaftler/innen fester Bestandteil des jährlichen ägyptologischen Veranstaltungskalenders. Das diesjährige Treffen bot eine äußerst abwechslungsreiche Auswahl an spannenden Vorträgen, die Einblicke in laufende und abgeschlossene Abschlussarbeiten, Projekte und Grabungen gab. Organisiert wurde das Treffen von Univ.-Prof. Dr. Alexandra Verbovsek und ihrem engagierten Team mit Unterstützung der Ägyptologischen Forschungsstätte für Kulturwissenschaft der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Die Moderationen übernahmen Univ.-Prof. Dr. Richard Bußmann (Ägyptologie, Universität zu Köln) und PD Dr. Dietrich Raue (Kustos am Ägyptischen Museum – Georg Steindorff – Universität Leipzig). Neben Simone Gerhards und Sonja Speck, beide Kollegiatinnen des Graduiertenkollegs, nahmen drei weitere Mainzer Doktorand(inn)en am BAJA 7-Treffen teil.

Auftakt der Tagung bildeten die Grußworte des Organisationsteams sowie die Eröffnungsvorträge von PD Dr. Raue und Univ.-Prof. Dr. Bußmann, die in die Thematik "Funktion/en" einführten. Im Anschluss gab es einen Empfang, bei dem erste Kontakte zu weiteren Forscherinnen und Forschern geknüpft werden konnten.

Funktion/en: vielfältig – differenziert – revidiert

Der Samstagmorgen startete mit zwei Vorträgen von Mitgliedern des BAJA-Teams zur ägyptischen Prä- und Frühdynastik: Catherine Jones (München, LMU) stellte ihre Überlegungen zur Funktion von Gardiner-Zeichen 019 "zoomorphe Struktur" vor, während Tilmann Kunze (Berlin, HU) die Ergebnisse seiner Masterarbeit zum Thema "Das Grab als Wohnhaus" präsentierte und bestehende Forschermeinungen genau unter die Lupe nahm. 

Nach einer kurzen Kaffeepause berichteten Frederike Junge und Nora Kuch (Wien) von groß- und kleinformatigen Funden im Bestattungskontext der Gräber von Helwan, Operation 4 (Helwan-Projekt der Universität Wien), die teilweise als einmalig anzusehen sind. Anschließend stellte Dina Serova (Berlin, HU) – Mitglied des diesjährigen BAJA-Teams – erste Ergebnisse ihres Dissertationsprojekts zum Thema Nacktheit in Gräbern des Alten Reichs vor, wobei auch sie einen ihrer Schwerpunkte auf eine Neubewertung bestehender Forschermeinungen legte. 

Nachdem sich alle bei einer Mittagspause gestärkt hatten, begann Anna Grünberg (Leipzig) die Nachmittags-Session mit einem wissenschaftshistorischen Vortrag über ihre kürzlich abgeschlossene Bachelorarbeit zu den Bestattungsweisen des Alten Reichs in Giza, die sie auf Grundlage der Archivalien des Ägyptischen Museums – Georg Steindorff – der Universität Leipzig rekonstruierte. Anschließend stellte Vera Michel (Heidelberg), Mitarbeiterin am FWF-Projekt "Abläufe einer ägyptischen Stadt – Fallstudie Tell el-Dab'a" des Österreichischen Archäologischen Instituts, drei Lehmfigurinen vor, die bei Grabungen in Tell el-Dab'a entdeckt wurden und bisher schwer einzuordnen sind. Patrizia Heindl (München, LMU) widmete ihre Präsentation im Folgenden ihrer bereits abgeschlossenen Masterarbeit. In dieser interpretierte sie mithilfe einer hermeneutischen Analyse der Rundplastik die Felidenfellträgerstatuen des Monthemhat neu. Einen ersten Vorbericht zu ihrem laufenden Dissertationsprojekt gab im Anschluss Jana Raffel (Leipzig), die die Rollen und Interaktionsmuster altägyptischer Gottheiten in Heiltexten analysierte. Nach einer letzten Kaffeepause des Tages sprach Uroš Matić (Münster) über Ars Erotica in Bezug auf ägyptische Gottheiten. Mit einem diachronen Überblick zu schriftlichen und materiellen Hinterlassenschaften zeigte er den Variantenreichtum der sexuellen Interaktion zwischen Göttern untereinander sowie Göttern und Menschen. Agnes Klische (Mainz) gab im Anschluss eine Bestandsaufnahme der "Trennungsszene" der Götter Geb und Nut und zeigte, dass bei dieser Motivik ein großer Variantenreichtum vorliegt. Der letzte Vortrag des Samstags wurde von Simone Gerhards, der Autorin dieses Blogbeitrags, über die Metapher "Tod ist Schlaf" gehalten. Im Fokus standen zum einen Überlegungen zu deren Universalität, da die Metapher in fast allen Kulturen und Zeiten verwendet worden zu sein scheint, und zum anderen eine methodische Herangehensweise, um kulturelle Spezifitäten in Bezug auf das alte Ägypten herauszuarbeiten. Damit ging der zweite Tag in das Abendprogramm mit äußerst schmackhafter Altberliner Küche über, bei dem die anregenden Diskussionen des Tages bis in den Abend vertieft wurden. 

Objekt: Funktion vs. Bedeutung?

Julia Preisigke (München, LMU) eröffnete mit ihrem Vortrag über die Bittplätze bzw. Gegentempel den dritten und letzten Tag des Treffens. Sie nutzt für ihre Forschungen unter anderem das Open-Source-Programm DepthmapX, um Blickrichtungen und Schrittfolge von Tempelbesuchern zu simulieren und zu zeigen, dass die Bittplätze, anders als bisher vermutet, architektonisch abgeschirmt waren und daher auch deren Funktion nicht eindeutig ist. Im Anschluss sprach Julianna Kitti Paksi (Basel/Paris) über die Hammamat-Inschrift Ramses IV. und ihr Promotionsvorhaben, das eine Untersuchung der Funktionen der linguistischen Varietät in den ramessidischen Texten zum Ziel hat. Julienne Schrauder berichtete über ihr kürzlich begonnenes Dissertationsprojekt zu einigen, bisher unpublizierten, koptischen Manuskripten aus der Heidelberger Papyrussammlung. Den letzten Vortrag der Tagung hielt Ghada Mohammed (Bonn), in dem sie ihre Überlegungen zu Form, Funktion und Bedeutung von personifizierten Zeichen im alten Ägypten vorstellte. Ihr besonderes Augenmerk lag auf den Darstellungen der Anch- sowie Was-Zeichen, die mit Armen und/oder Beinen auftreten können. In der folgenden Abschlussdiskussion wurden noch einmal offenen gebliebene Fragen angesprochen sowie zum Themenkreis "Funktion/en" festgehalten, dass ein "Objekt" neben einer oder mehreren Funktion/en auch eine oder mehrere Bedeutungen haben kann.

Am Sonntagnachmittag hatten die "Bajaner/innen" nach einem gemeinsamen Mittagessen noch Gelegenheit, das Ägyptische Museum und die Papyrussammlung der staatlichen Museen zu Berlin auf eigene Faust zu erkunden. 

Unser Dank gilt Univ.-Prof. Alexandra Verbovsek und ihrem Organisations-Team, den Moderatoren, Vortragenden, Diskutant(inn)en sowie allen weiteren Teilnehmer(inn)en für ein gelungenes, informationsreiches und spannendes Wochenende im vorweihnachtlichen Berlin.

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